Süchtig nach Digitalem

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Wissenschaftsdoku – Samstag, 3.6. — 21.45 Uhr bis 1.8. in der Mediathek

Friederike Fabritius ist Neurowissenschaftlerin und schreibt auch Bestseller-Sachbücher. Sie ist überzeugt: Computer, Tablets und Smartphones wirken auf Kinder wie Drogen. Aus diesem Grund dürfen ihre Kinder auch nur ganz selten an Handys, Fernseher (1 x in der Woche) und Tablets. Sie sagt: “Natürlich sind sie die besten Babysitter, weil die Reizüberflutung ruhigstellt. Aber wer setzt seine Kinder schon freiwillig unter Drogen?”

Tatsächlich belegen immer mehr Forschungsergebnisse, dass sich Suchtverhalten häuft. Dabei zeigt sich, dass dabei im Gehirn durch die häufigen Belohnungen das “Dopamin-System” beeinflusst wird. Was viele Eltern nicht wüssten: Die ständigen Dopamin-Trigger, denen ihre Kinder in der digitalen Welt ausgesetzt seien, könnten langfristig zu einer sogenannten Anhedonie führen, der Unfähigkeit, Freude und Lust zu empfinden. „Nutzen Kinder und Jugendliche digitale Medien zu häufig, erscheinen Beschäftigungen, die keinen sofortigen Dopaminschub auslösen, oft als langweilig oder sinnlos – etwa das Erlernen eines Musikinstruments, Spazierengehen oder Zeit mit Freunden. Das ist gefährlich für die persönliche Entwicklung.“

Friederike Fabritius ist sich bewusst, dass Forschung und Gesetzeslage zum Dauerkonsum digitaler Medien dem tatsächlichen Gebrauch hinterherhinken. Eltern sollten sich aber nicht allein auf die Politik verlassen, findet sie. Sie müssten sich selbst im Klaren sein, dass überflüssiger und ausufernder Konsum, egal ob digital oder in Form von Spielsachen oder Süßigkeiten, Gift für das Dopaminsystem von Kindern sei – und schützende Regeln durchsetzen.

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) hat ihre Empfehlungen für die Obergrenze der Medienzeit für Kinder und Jugendliche in Alterskategorien gestaffelt: Unter Dreijährige sollten demnach überhaupt keine digitalen Bildschirme nutzen. Für Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren wird höchstens 30 Minuten Screentime pro Tag empfohlen, für Grundschüler höchstens 45 bis 60 Minuten pro Tag. ­Fabritius rät dagegen, den täglichen Gebrauch von digitalen Medien bei Kindern zu vermeiden: „Die Gefahr, dass sich die Kinder an die ständigen digitalen Reize gewöhnen und Suchtverhalten entwickeln, ist sonst größer als der Nutzen.“

Sollten Kinder oft vor Zorn toben, wenn man ihnen Tablet oder Smartphone verwehrt, hilft laut der Neurowissenschaftlerin nur eins: die Kinder einfach nicht mehr an die Geräte lassen. „Nach drei bis vier Wochen sollte sich das Gehirn wieder normalisiert haben und ohne Digitales können.“

Original-Artikel auf arte: https://www.arte-magazin.de/dopamin